Zu den wenigen schönen Bildern, die diese Pandemie bisher zu bieten hatte, zählten
Mini-Clips, die in den Sozialen Netzwerken kursierten. Darauf zu sehen: Massen von Radfahrern, die völlig entspannt durch die Prachtstraßen der französischen Hauptstadt rollen – gänzlich unbehelligt vom motorisierten Individualverkehr.
Boulevards für Drahtesel, Uferstraßen für Fußgänger, Kreisverkehre für Inline-Skater: Paris gilt seit längerem als europäische Vorzeige-City für klimagerechten Umbau des Verkehrswesen. Auch in anderen stadtplanerischen Belangen macht La Capitale vor, wie es gehen kann; etwa, indem kleine, feine Start-Ups dank Finanzhilfe leerstehende Ladenlokale temporär mieten können. Das ermöglicht Gründern, ihre Geschäftsidee in der Praxis zu testen, bringt Leben in die City und verhindert zugeklebte Schaufenster.
Als Urheberin des Wandels gilt Anne Hidalgo (Parti Socialiste), Bürgermeisterin seit 2014 und studierte Sozialrechtlerin, die bereits 2008 als Stellvertreterin die Zuständigkeit für Stadtentwicklung und Architektur übernahm. Unterstützt wird sie dabei vom französisch-kolumbianischen Stadtforscher Carlos Moreno, der aus Paris die ultimative “15-Minuten-Stadt” machen will – also eine Metropole, in der sich die sechs Grundbedürfnisse Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Gesundheitsversorgung, Ausbildung und Freizeit in einem Radius von gerade mal 15 Minuten zu Fuß oder per Rad befriedigen lassen.
Ob sein Bauplan für die Zukunft von Paris aufgeht, wird sich in den kommenden zwölf Monaten abzeichnen. Und nicht nur das: Als Hidalgo begann, die City umzukrempeln, prophezeite man ihr, dass sich das bei der nächsten Wahl rächen würde. Tatsächlich wurde sie mit deutlichem Vorsprung im Amt bestätigt; die Pariser scheinen sowohl ihre Visionen als auch deren konkrete Umsetzung zu schätzen. Es wird sehr interessant, ob sie damit auch über Paris hinaus die französische Stadtentwicklung prägen wird. Am 10. April 2022 tritt Anne Hidalgo wieder an – bei der Präsidentschaftswahl.