Man könnte das alles nun als amüsantes Geplänkel abtun. Oder süffisant anmerken, dass die Poller, Planken und Parkautomaten der „autogerechten Stadt“ seit Jahrzehnten das Straßenbild verhunzen; warum also sollte anderen Verkehrsteilnehmern nicht auch mal ein bisschen Verunstaltung vergönnt sein? Man kann diese Entrüstung aber auch ernst nehmen – und als Symptom dafür werten, dass nun im Kleinen passiert, was im Großen schon seit längerem zu beobachten ist: eine wachsende Entfremdung zwischen jenen, die Stadt gestalten oder beurteilen, und jenen, die sie nutzen.
Dass Stadtbewohner zunehmend wenig mit moderner Architektur anfangen können, weiß jeder, der mal an der Begehung eines innerstädtischen Neubauquartiers teilgenommen hat. Wo die Planer stolz ihre urbanen Großformen anpreisen, blicken die Bürger entgeistert auf Betonbunker. Im öffentlichen Raum verhält es sich offenbar umgekehrt: Während Experten überall ästhetische Verbrechen wittern, lassen sich die Leute gern auf dem inkriminierten Mobiliar nieder. Der Effekt bleibt indes der gleiche: Die Einen blicken auf die vermeintlichen Banausen herab, und die Anderen regen sich über die selbsternannte Geschmackpolizei auf.
Das ist schade. Einerseits, weil sich die Anklagen oft in einen Whataboutism hineinsteigern: In der Pariser Debatte wird etwa das Mobiliar quasi in einem Atemzug mit Fahrbahnmarkierungen und dem „Dschungel aus Elektrorollern, Mopeds und Fahrrädern“ abgekanzelt. Das erschwert nicht nur eine lösungsorientierte Diskussion, sondern lässt den Verdacht aufkeimen, dass es hier weniger um die Sache als ums Prinzip geht: Man ist schlicht und ergreifend dagegen. Dabei ist die Entwicklung hin zu grünen, verkehrsberuhigten Zentren mit Aufenthaltsqualität überfällig und wird anderswo längst praktiziert; siehe Stockholm, Barcelona, Amsterdam. Und das ist nicht nur gut für Fußgänger oder Radfahrer – sondern für alle, die lebendige, kaufkräftige Innenstädte wollen.
Andererseits gibt es durchaus Gründe dafür, weshalb die Möbel in der Friedrichstraße so aussehen, wie sie aussehen: weil diese Sitzgruppen so konzipiert wurden, dass sie sich problemlos abbauen, weiterverwenden oder wiederverwerten lassen. Denn die Flaniermeile ist ein temporäres und reversibles Projekt, eine Art Freiluftlabor in der Innenstadt – und ein Probelauf mit offenem Ausgang. Den Machern vorzuwerfen, dass sie ihr Mobiliar an dieser Vorläufigkeit ausrichten, erscheint da etwas kurz gedacht.