Beim Stichwort „Barcelona“, klar, erscheint sofort das Bild der
„Superblocks“ vorm inneren Auge. 2017 begann die spanische Mittelmeer-Metropole im Stadtviertel Poble Nou erstmals damit, bis zu neun Häuserblocks zu sogenannten
„Superilles“ zusammenfassen – und das Gros der darin verlaufenden Straßen für motorisierten Verkehr zu sperren.
Wenn überhaupt, dürfen Autos die verbliebenen Einbahnstraßen
nur im Schritttempo befahren; auf den Asphaltpisten entstanden Baumgruppen, Sitzinseln und Blumenbeete. Fußgänger und Radfahrer, Anwohner und spielende Kinder eroberten sich den urbanen Raum zurück.
Nun geht Barcelona einen Schritt weiter – im buchstäblichen Sinne. Bis 2024, so sieht es der
Mobilitätsplan der Stadt vor, sollen dort 32 Kilometer Straßen saniert werden. Das oberste Ziel lautet:
nachhaltige Fortbewegung fördern. Zugleich gilt es, Strukturen zu schaffen, die dem Handel vor Ort wie auch dem sozialen Miteinander zugutekommen. Da erscheint es folgerichtig, besonders die Passanten und deren Bedürfnisse zu berücksichtigen. Nur:
Wie genau sehen diese Bedürfnisse eigentlich aus?
Genau das wollen nun Forscher der
Universitat Oberta de Catalunya (UOC) herausfinden. Das Team um
Albert Solé Ribalta, Professor an der Fakultät für Informatik, Multimedia und Telekommunikation, wird eine
Studie zur Fußgängermobilität durchführen – und eigens dafür eine Technologie entwickeln, denn bislang gibt es entsprechende Tools nur für den Straßenverkehr. Eine Vielzahl von Sensoren sollen die Personenströme, vor allem ihre
typischen Laufwege, in der ganzen Stadt erfassen. Diese Daten werden dann mit dem Netz aus Bürgersteigen und Fußgängerzonen abgeglichen – und mit den Standorten, an denen Passanten einkaufen oder mit Anderen sozial interagieren können.
Finanziert wird diese Forschung über eine Kooperation der Stadtverwaltung mit der
Stiftung „La Caixa“. Die Beteiligten hoffen, auf diese Weise die
Bewegungsmuster der Barceloner und deren Einfluss auf die lokale Wirtschaft besser zu verstehen. Zudem soll die Studie aber auch die gebaute Umwelt mit einbeziehen und ergründen, inwieweit die begehbare Fläche – also etwa schmalere oder breitere Bürgersteige – die Nutzung von Fußgängerwegen beeinflusst. In den Worten der Wissenschaftler:
„Das Projekt zielt darauf ab, die Fußgängermobilität zu verbessern. Die positiven Auswirkungen des Zu-Fuß-Gehens auf die körperliche und geistige Gesundheit sind hinlänglich bekannt. Es ist eine Art der Fortbewegung, die Vorteile wie eine verbesserte Zugänglichkeit, mehr soziale Interaktion, ein erhöhtes Sozialkapital, weniger Kriminalität und die Förderung künstlerischer Ausdrucksformen und Aktivitäten mit sich bringt.“
Womöglich hilft die Studie ja auch gegen überholte Überzeugungen. Noch immer hält sich das Vorurteil, ausgesperrte Autos würden den Untergang der Innenstadt und des Handels bedeuten – obwohl es genügend Beispiele gibt, die das Gegenteil nahelegen (
metroscope berichtete). Sollte die Technologie der Spanier funktionieren, könnten
viele Städte profitieren und ihre eher stichprobenartigen Befunde auf eine breite Datenbasis stellen. Zwar ist das Projekt bislang auf Barcelona beschränkt; doch die Forscher überlegen bereits, wie sie ihr Tool auch in anderen Cities nutzen können.
cél