Im Zuge der Affäre war auch ein Thema, dass sich Sickl Anfang der 1990er Jahre in der Neonazi-Szene bewegte. So kassierte er am 5. Oktober 1991 eine Anzeige bei einer Demonstration in Graz. Beinahe der gesamte damalige Führungszirkel der Szene, darunter Gerd Honsik und Gottfried Küssel, war in die steirische Landeshauptstadt gekommen, um gegen die Inhaftierung eines Gesinnungskameraden zu protestieren. „Sie solidarisieren sich mit der Meinung des Inhaftierten Franz R., dass die Gaskammern Attrappen seien“, hielten anwesende Polizeibeamte in ihrem Bericht fest. Die Polizei löste die Versammlung auf, die Teilnehmer sangen daraufhin ein NS-Lied und es kam zu vereinzelten Handgreiflichkeiten.
Vorbild SS
1995 taucht der Name Heinrich Sickl in einer Mitglieder- und Adressensammlung der in Deutschland verbotenen Neonazipartei „Nationalistische Front“ (NF) auf. Die Liste und weitere Materialien sind einer Abgeordneten der Grünen im deutschen Bundestag zugespielt worden. Die NF wurde 1985 in Deutschland gegründet und entwickelte sich alsbald zu einer militanten Neonazigruppe. Die Organisation verstand sich in der Tradition der SS und entwickelte sich zu einer Elite-Truppe innerhalb des deutschsprachigen Rechtsextremismus.
Die Aufnahme erfolgte erst nach einem strengen Auswahlverfahren. Zeigte man Interesse an der Mitgliedschaft, bekam man einen Personalbogen zugeschickt, der samt Passfoto an die Zentrale zurückgeschickt werden musste. Bewerber wurden darauf Zuhause besucht und überprüft. Die NF richtete auch „Nationale Einsatzkommandos“ (NEK) ein, paramilitärische Zellen. Nach dem rassistischen Brandanschlag von Mölln, mit drei Todesopfern und neun Schwerverletzten, wurde die Organisation 1992 in Deutschland verboten. Das Zentrum der Neonazis befand sich in Nordrhein-Westfalen. In Österreich konzentrierten sich die Aktivitäten auf Kärnten.
Sickl wurde als Mitglied geführt
Die 1995 veröffentlichten Unterlagen zeigten, dass die NF trotz Verbot über einen großen Kreis von Unterstützer:innen verfügte. Mehr als 100 davon hatten österreichische Adressen. Darunter fand sich eben auch der Name und die Adresse Sickls, der mutmaßlich als Mitglied der Organisation geführt wurde.
Seine Kontakte zur NF wurden ein mediales Thema, da Sickls Mutter, die damalige FPÖ-Politikern Elisabeth Sickl, darauf angesprochen wurde. Etwa als sie im Jahr 2000 kurzzeitig Sozial- und Frauenministerin in der ersten FPÖ-ÖVP-Koalition wurde. Zu den Aktivitäten ihres Sohnes sagte sie, dass dieser sich aus dem Neonazi-Milieu zurückgezogen habe. Tatsächlich fiel er nach der Demonstration in Graz nicht mehr einschlägig auf, dafür war er in einer schlagenden Burschenschaft aktiv.
Strache und der Wehrsport
Neben Sickl finden sich auf den Mitglieder- beziehungsweise Kontaktlisten der NF die Namen von Personen, die später im Rotlichtmileu oder in Ministerien arbeiteten. Ein Mann ist in der Neonaziszene als Kampfsportler aktiv. Es finden sich die Namen von drei Männern, die gemeinsam mit dem ehemaligen FPÖ-Chef Heinz Christian Strache an einer Wehrsportübung in Kärnten teilgenommen haben, wie auf einer 2007 veröffentlichten Aufnahme zu sehen ist. Das berühmte Foto sorgte nach seiner Veröffentlichung für zahlreiche Schlagzeilen. Unter den Wehrsportkameraden war auch Andreas T., laut Mitgliederliste, der einzige Führungskader der NF in Österreich.