Seit Tagen wird Tauschitz von zahlreichen Personen und Institutionen daher aufgefordert, zurückzutreten. Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, sagte, Tauschitz sei als Chef des Kärntner Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung „untragbar“. Das Ulrichsbergtreffen sei ein Nazi-Aufmarsch, die Teilnahme daran kein Kavaliersdelikt: „Wer an solchen Treffen teilnimmt, sollte selbst vom Verfassungsschutz beobachtet werden und nicht diesen leiten“, sagte Deutsch. Innenminister Gerhard Karner, ein Parteikollege des ehemaligen ÖVP-Politikers Tauschitz, sieht hingegen keinen Grund für einen Rücktritt. Das Image des Verfassungsschutzes hat die Bestellung von Tauschitz wohl erneut beschädigt.
Ruf völlig ramponiert
Als Reaktion auf das Versagen im Vorfeld des Attentats vom 2. November 2020 wurde der österreichische Verfassungsschutz neu aufgestellt, aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) wurde im Dezember des vergangenen Jahres die „Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst“ (DSN). Ein erklärtes Ziel: Den völlig ramponierten Ruf des Verfassungsschutzes wieder herzustellen. Zumindest halbwegs. Nur wenn die DSN als verlässlicher Partner gilt, bekommen seine Mitarbeiter auch Informationen von ausländischen Geheimdiensten oder Polizeistellen. Diese Informationen sind für deren Arbeit notwendig.
Von Verlässlichkeit war vor dem Terroranschlag in Wien nichts zu bemerken. Der Attentäter, ein verurteilter Islamist, konnte sich trotz entsprechender Informationen deutscher Behörden im Vorfeld des Anschlags ungehindert mit anderen Islamisten treffen, auch wusste der Verfassungsschutz, dass er in der Slowakei vergeblich Munition zu kaufen versuchte. Trotzdem schrillten keine Alarmglocken. Wegen „Arbeitsüberlastung“, wie es später dazu auch hieß.
Rechtsextreme Provokation mit Polizei-Eskorte
Von „Arbeitsüberlastung“ war nach dem Anschlag nichts bemerken. Sechs Tage nach dem Anschlag, einem Sonntag, wurden Bewohnerinnen und Bewohner in Wien-Josefstadt mit Gewehrsalven, Muezzin-Gebetsrufen und Parolen gegen eine angebliche Islamisierung aus dem Schlaf geweckt. Ein stadtbekannter Rechtsextremer hatte einen Lautsprecher auf ein Auto montiert, über den er Geräusche wie die Schüsse abspielte. Anwohnerinnen und Anwohner sowie Passantinnen und Passanten waren entsetzt und geschockt. Auch darüber, dass das Fahrzeug dabei von zwei Polizeiautos begleitet wurde.
Nachdem
Videos von dieser Provokation auf Twitter auftauchten, hagelte es Kritik. Die Polizei entschuldigte sich später sogar dafür. „Dies hätte so nicht stattfinden dürfen“, hieß es noch am Nachmittag vonseiten der Polizei. Zuvor erklärte sie auf Twitter, warum sie nicht eingeschritten ist: „Noch während der Abklärung mit dem Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung und der Setzung von Maßnahmen der anwesenden Kolleg*innen vor Ort wurde die Kundgebung um 10:00 Uhr beendet.“
Verfassungsschützer sollten “potenzielle Störer” beobachten
Wochen später wurde bekannt, dass nicht nur uniformierte Polizisten diesen Auftritt begleiteten. Zwei Verfassungsschützer in Zivil waren ebenfalls im Einsatz. „Zur Umfeldaufklärung gegen potenzielle Störer der Versammlung“, wie aus der
Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage hervorging. Statt einzugreifen und den rechtsextremen Umzug zu beenden, hatte sie Sorge vor Antifaschistinnen und Antifaschisten.
Hitler im Wohnzimmer
Eine absurde Geschichte sorgte Anfang der 1990er Jahre für Schlagzeilen. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks wurde gegen Gustav Hochenbichler ermittelt. Der Hofrat war bis 1991 der zweite Mann in der Wiener Staatspolizei, der Vorläuferabteilung des BVT. Danach wurde er zur Fremdenpolizei versetzt. Laut Ermittlern und Recherchen von Journalistinnen und Journalisten soll Hochenbichler für die DDR und andere Oststaaten spioniert haben. Für Geld, nicht aus ideologischen Gründen.