Vor wenigen Minuten schrieb das Organisationskomitee (TOCOG):
A Tropical Storm No.8 is expected to make landfall somewhere in the Kanto and/or Tohoku regions of Eastern Japan in the afternoon of Tuesday 27 July. The Tokyo 2020 Organising Committee is working with the IOC, International Federations and other relevant organisations to make sure that the processes and plans that are in place to respond to any inclement weather are activated, should the need arise.
Due to the approaching tropical storm, the schedules of the rowing and archery competitions were changed yesterday, and it was decided today to bring forward the surfing finals from the 28th to the 27th in consideration of the wave conditions.
At this time (as of 23:30 on 26 July), there are no plans to change the schedule for any of the other events due to be held on Tuesday 27 July. We will continue to monitor the latest weather information to ensure the safety of all those involved in the Games. We will advise you of any changes to the competition schedule as quickly as possible. In particular, we will make every effort to inform you promptly of any changes to events due to be held with spectators.
Wenn ich die Vorhersagen richtig verstehe, geht es weniger um gefährliche Windstärken, als vielmehr um tropische Regengüsse. Die Corona Games werden gewiss auch dem Unbill des Wetters trotzen.
Das bringt mich zum eigentlichen Gedanken heute, denn der steht sinnbildlich über allem:
In schwierigen Zeiten muss die olympische Familie zusammenhalten. So war das doch immer, oder?
Anders formuliert: Wenn Gefahr dräut, scharen sich die Schäfchen um ihren Schäfer. Sie alle kennen diese Sprachbilder - suchen Sie sich eines aus. Sportfürsten mangelt es jedenfalls nie an schrill-schrägen Formulierungen. Wiederholung ist alles, immer und immer wieder. Bis es der Letzte im Saale verstanden hat. Mein alter Freundfeind Joseph Blatter hat viele Jahre dieses Bild bemüht: In unruhiger See braucht die Familie, hier die FIFA Family, einen Kapitän/Steuermann/Lotsen, der das Boot durch alle Untiefen in den sicheren Hafen führt.
Darum geht es.
Hören wir mal an, was mir meine Vögelchen dieser Tage zwitschern. Ich meine nicht das Twitter-Gezwitscher. Ich halte es mit Lord Varys, dem Master of Whisperers, der seine Vögelchen überall hatte. Es ist immer wichtig, alles, was diese Vögelchen berichten, in einem Praxistest zu überprüfen.
Dieser Praxistest hat schon begonnen.
Ich möchte aus juristischen Gründen dennoch in den Konjunktiv gleiten und manche Sätze in Frageformen kleiden. Schließlich werde ich gerade vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und von dessen Präsident Alfons Hörmann (CSU) verklagt - das IOC und dessen Präsident Thomas Bach (FDP) scheuen sich auch nicht, dieselbe Anwaltskanzlei vom Kurfürstendamm in Anspruch zu nehmen. Überzeugend argumentieren diese Advokaten selten, aber es raubt Zeit und Nerven und Geld, das will doch niemand.
Lord Varys - der Eunuch mit seinen Vögelchen, Spionen und vielfältigen Quellen - stammt aus der freien Stadt Lys und er ist, falls Ihnen das nicht so geläufig sein sollte, eine fiktive Figur aus dem Fantasy-Epos Game of Thrones von George R. R. Martin.
Nun also dieses Märchen:
Nach den Olympischen Spielen ist vor den Olympischen Spielen. Und so trifft sich ein Teil der olympische Familie schon in einem halben Jahr wieder, um in Peking die Olympischen Winterspiele zu feiern. Diesem Event im Reich von Xi Jinping, Träger des Olympischen Ordens, ist die 139. IOC-Session vorgeschaltet. Und nun stellen Sie sich vor, dies würde passieren, wir sind ja im Märchen, einer wunderbaren, völlig fiktiven olympischen Fantasy-Geschichte:
Ein IOC-Mitglied erhebt seine Stimme, skizziert die unruhige See der vergangenen Jahre, all den Corona-Unbill und von mir aus auch den des Wetters. Beginnt dann, die Leistungen des IOC-Steuermanns zu preisen, schließlich blieb das Schiff auf Kurs, mehr als 2,3 Milliarden Dollar
lagern bereits auf den Konten der IOC Group, bis Peking werden es vielleicht drei Milliarden sein. Doch ist es nicht so, könnte diese Person argumentieren, dass unserem Steuermann, unserem großen und weisen Führer, viel Zeit geraubt wurde, seine eigentlichen Visionen umzusetzen? Hat unser Großer Vorsitzender nicht gerade seine bahnbrechende
Agenda2020+5 vorgelegt?
Sollten wir unserem Führer nicht Zeit geben, uns weiter durch unruhige See zu lotsen? Warum sollten wir die Amtszeit für einen IOC-Präsidenten auf 8+4 Jahre begrenzen, wenn wir doch den
Wiedergänger Pierre de Coubertins an der Spitze haben?
Dieses IOC-Mitglied könnte formulieren: “Ich schlage deshalb vor, liebe Freunde, dass wir die Satzung ändern und unserem lieben Präsidenten Dr. Thomas Bach eine dritte Amtszeit gewähren.”
Noch während dieses IOC-Mitglied spricht, erheben sich bereits die ersten von ihren Plätzen und applaudieren. Ein lang anhaltender, warmer, ja begeisterneder Applaus, der von ehrlich-echten olympischen Herzen kommt.
Könnte dieses Märchen dann nicht so enden?