Ich könnte - wie am Mittwoch - erneut jeden Satz der DOSB-Verlautbarung/en auseinander nehmen und würde nur Widersprüche herausarbeiten. Es stimmt halt alles hinten und vorn nicht im DOSB, rechts und links nicht, oben und unten nicht, im Osten und im Westen nicht, im Süden und im Norden nicht. Und es zeigt sich, dass es ein gewaltiger Fehler war, diesem Präsidenten die Verantwortung für die olympische Dienstreise zu übertragen. Wie schlecht kann man sein, wie peinlich.
Der Image-Schaden ist gewaltig.
Einige Notizen noch dazu, gewiss vergesse ich Wichtiges, bestimmt haben Sie anderes gehört oder gelesen, was eine Erwähnung wert wäre.
Erstens: Der DOSB spricht von einer “öffentlichen Entschuldigung” Mosters. Tags zuvor hatte es sich mindestens bei Moster so angehört, als habe er sich bei jenen Sportlern entschuldigt, die er als
Kameltreiber bezeichnet hatte. Der Algerier
Azzedine Lagab ist einer dieser
Kameltreiber, und er wies auf Twitter lässig darauf hin, dass in Tokio doch gar keine Kamelrennen stattgefunden haben.
“There is no camel race in #Olympics that’s why I came to cycling.” Jan Göbel hat Lagab auf der Rückreise in Istanbul erreicht und im
SPIEGEL ein kurzes
Gespräch mit ihm veröffentlicht. Die wichtigste Aussage Lagabs:
“Eine persönliche Nachricht und Entschuldigung habe ich bisher weder von Moster noch vom deutschen Team erhalten.”
Darauf kommt es aber an. Was erzählt also der DOSB, was erzählt der BDR, wovon redet dieser Patrick Moster? Erbärmlich.
Zweitens: Dem IOC ist es offenbar wichtig, den Eindruck zu erwecken, der DOSB habe zeitnah nach Intervention des IOC gehandelt. Christian Klaue (einst DOSB-Sprecher unter Präsident Thomas Bach, dann beim IOC unter Präsident Bach, dann beim DOSB Sprecher unter Präsident Hörmann, nun wieder in Lausanne als Corporate Communications and Public Affairs Director of the IOC) schickte mir nach dem DOSB-Beschluss dieses Statement, das so oder so ähnlich in zahlreichen Medien verbreitet wurde:
“The IOC contacted the German Olympic Sports Confederation (DOSB) this morning and inquired about the issue around the Sports Director of the German Cycling Federation. We welcome the swift reaction of DOSB not to let him continue in his role and asking him to leave Tokyo to return back to Germany. Comments such as these have no place at the Olympic Games.”
In der Tat habe ich hier und da gelesen, verbreitet - wie immer - vor allem von Nachrichtenagenturen, da sei dieser Druck des IOC gewesen. Die Überschrift in der
FAZ zum Bericht von Anno Hecker lautet:
“IOC macht im Rad-Skandal Druck”. Der Sprecher, der da genannt wird, ist Klaue. Von ihm stammt offenbar auch der Hinweis, es sei erwogen worden, die IOC-Disziplinarkommission einzuschalten. Mag so sein. In der gesamten Gemengelage halte ich das für ein Detail, kein entscheidendes, vor allem aber für den Spin der IOC-Propagandaabteilung, um besser dazustehen.
Drittens: Vielmehr kann ich die Erklärung von Thomas Weikert und anderen Gesprächspartnern nachvollziehen. Für Weikert, Präsident des Tischtennis-Weltverbandes ITTF und potenzieller Nachfolger Hörmanns als DOSB-Präsident, war der öffentliche Druck entscheidend für die Kehrtwende: “Ich glaube, das war nur die Öffentlichkeit.” Inklusive der klaren Statements von Athleten (Nikias Arndt, Rick Zabel) und von Sportler-Organisationen (Athleten Deutschland, FIFPRO).
Weikert hatte sich zum Fall Moster deutlich geäußert:
“Abreisen, er hat hier nichts mehr zu suchen - oder wie soll ich erklären, dass Sport die Völker verbindet?”
Ebenso klar war Thomas Konietzko, Präsident des Deutschen Kanuverbandes (DKV) und bald auch Präsident des Weltverbandes ICF:
“Ich hätte ihn sofort nach Hause geschickt. Konsequenzen danach sind Sache des BDR. Wir müssen ehrlich für unsere Werte stehen.”
Viertens: Es sollen einige deutsche Spitzenverbände beim DOSB interveniert haben, beispielsweise der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB), der in einem Brief/Email an die Vorstandsvorsitzende Veronika Rücker die sofortige Abreise von Moster gefordert haben soll.
Der Schaden ist da. Dieses neuerliche Komplettversagen sollte den Abgang der DOSB-Führungsriege (Präsidium, Vorstand) beschleunigen.
Es ist ermüdend, unterkomplex, nahezu entwürdigend, ein solches Niveau der Verbandsführung beschreiben zu müssen. Deshalb erspare ich Ihnen an dieser Stelle weitere Anmerkungen zu Äußerungen des ewigen BDR-Präsidenten Rudolf Scharping (SPD).