Ich weiß nicht recht, woran es liegen mag, aber es steht fest, mein Buchgeschmack hat sich gewandelt mit Corona. Plötzlich schrecke ich auch vor rührselig-lehrhaften Stoffen nicht zurück. Thomas Hettches fabelheftige Geschichte “Herzfaden” über ein Mädchen, das sich auf dem Dachboden der Augsburger Puppenkiste verliert und zusammen mit den Marionetten in die Vergangenheit des Landes reist, habe ich, nun ja, gerne gelesen. Ich sollte mich auf Morbus Coelho testen lassen!
“Der Wal und das Ende der Welt” von John Ironmonger ist auch erbaulich und laienphilosophisch. Obwohl 2015 erstmals erschienen, wird es als das Buch der Stunde gesehen. Denn es handelt davon, wie sich in Gemeinschaft auch eine weltuntergangsgleiche Krise überstehen lässt. In einem Fischerdorf in Cornwall wird ein Ex-Banker angespült. Der sorgt anschließend dafür, dass die 300 Bewohner ihr Kräfte vereinen und dem Weltuntergang trotzen, während in der Welt da draußen die Grippe grassiert und die Finanzmärkte implodieren.
Wer wegen des Weltendes im Titel auf apokalyptische Hochspannung à la “The Walking Dead” hofft, wird sehr enttäuscht werden. “Der Wal und das Ende der Welt” ist Endzeitprosa zum Wohlfühlen. Aber wer sagt denn, dass Hobbes’ Philosophensatz vom Menschen, der dem Menschen Wolf sei, wirklich sein muss? Ständig ausverkauftes Toilettenpapier, meine ich, ist kein hinreichender Grund, den Stab zu brechen über einer ganzen Spezies. Aber das ist vermutlich nur der Morbus Coelho, der aus mir spricht.